Leidenschaftlich diskutierten die SPD-Senioren der AG 60plus in ihrer jüngsten Sitzung die Äußerungen des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert in einem Interview mit DER ZEIT, die in allen Medien große Wellen geschlagen haben. Nicht immer zugunsten der SPD, und auch die Rüsselsheimer SPD-Senioren hatten sehr kontroverse Meinungen dazu. Glaubten die einen, Kühnert hätte mit seinen Aussagen der Partei im Europa-Wahlkampf geschadet, meinten andere, dass er auf längere Sicht möglicherweise genau das Gegenteil erreicht haben könnte.
In der Berichterstattung dominierten Schlagworte wie „Verstaatlichung“ oder „Vergesellschaftung“ von BMW, obwohl dieses Beispiel im Interview gar nicht von Kühnert aufgebracht, sondern zunächst von den Interviewern penetrant eingebracht wurde. Schade, dass er sich auf dieses Glatteis hatte locken lassen, denn dadurch gerieten die Kernaussage von Kühnert zum Thema „Eigentum“ fast in den Hintergrund. Diese bewegen sich nämlich sämtlich nicht nur auf der Ebene des geltenden SPD-Parteiprogramms, sondern auch auf dem des Grundgesetzes.
Mehrheitlich kamen die Senioren zu dem Schluss, dass in den langen und kompromissreichen GroKo-Jahren genau diese sozialdemokratischen Kernthemen immer verschwommener wurden und im Ergebnis immer mehr SPD-Wähler vergraulten. Vielleicht konnte nur ein Jungspund wie Kühnert ganz unbefangen diese Entwicklung anprangern, die ja eigentlich im Rahmen der vor mehr als einem Jahr beschlossenen SPD-Erneuerung hätte aufgegriffen werden sollen, von den an der Spitze handelnden Personen aber nicht, zumindest nicht glaubhaft genug in Angriff genommen worden sind. Die derzeitigen Meinungsumfragen sprechen Bände.
Erstes Ziel sollte es jetzt sein, erst mal verlorene SPD-Mitglieder und -Sympathisanten zurückzugewinnen, bevor auf vagabundierende Wechselwähler spekuliert wird. Anstatt aber die von Kühnert angestoßene Diskussion mutig aufzugreifen, waren aus dem Berliner Willy-Brandt-Haus eher kritische, teilweise sogar verächtlich-ironische Stimmen zum Kühnert-Interview zu vernehmen, obwohl er sogar aus anderen, auch konservativen Parteien durchaus respektvolle Reaktionen dazu gab, eine dringend notwendige gesellschaftliche Diskussion initiiert zu haben. Abschließend wünschten sich die Rüsselsheimer SPD-Senioren, dass auch der Rüsselsheimer Parteivorstand ein klares Bekenntnis zur Rückkehr zur sozialdemokratischen Politik ausspricht.